Starkes Übergewicht ist eine enorme gesundheitliche Belastung, Adipositas eine komplexe Erkrankung, die durch Hormon- und Stoffwechselstörungen, Schilddrüsenerkrankungen oder genetische Veranlagung ausgelöst werden kann. Und sie erhöhen das Risiko für schwerwiegende Folgeerkrankungen, etwa Diabetes Typ 2, Schlaganfälle oder schmerzhafte Arthrose.
Angesichts dieser Zusammenhänge ist die langfristige und effektive Behandlung von Übergewicht ein wichtiger Schritt zur Verbesserung der allgemeinen Gesundheit und auch zur Verringerung des Krankheitsrisikos.
“Mach doch einfach Sport”, “Probier mal die Paleo-Diät”, oder “Alles nur eine Frage der Disziplin” - das sind Sätze, die viele Menschen mit Übergewicht kennen. So einfach ist es aber nicht. Betroffene kämpfen nicht nur oft lebenslang mit Diäten und strikten Sportprogrammen, sondern auch mit den sozialen Begleiterscheinungen, wie Vorurteilen oder sozialer Isolation.
In der modernen Medizin gibt es heutzutage verschiedene Ansätze zur Gewichtsreduktion. Wann Übergewicht behandelt werden sollte und welche Möglichkeiten vielversprechende Auswege bieten:
Ab wann sollte Adipositas behandelt werden?
Wann genau eine Behandlung beginnen sollte, hängt von verschiedenen Faktoren ab, darunter:
- Schweregrad der Adipositas
- Vorhandensein und Schweregrad von Begleiterkrankungen
- Alter und allgemeiner Gesundheitszustand des Patienten
- Motivation und Bereitschaft des Patienten, Lebensstiländerungen vorzunehmen
Der Body Mass Index (BMI)
Der Body-Mass-Index stellt das Körpergewicht im Verhältnis zur Körpergröße dar. Übergewichtigkeit wird medizinisch als ein BMI ≥ 25 und Adipositas ab einem BMI von 30 definiert.
BMI Rechner
Wie wird Adipositas bei Kindern bestimmt?
Im Gegensatz zu Erwachsenen, bei denen der Body-Mass-Index als Maßstab für Adipositas dient, wird bei Kindern ein alters- und geschlechtsspezifischer Ansatz verwendet. Der BMI allein reicht hier nicht aus, da sich das Wachstum und die Körperzusammensetzung mit dem Alter stark verändern. Stattdessen werden sogenannte Perzentile genutzt, die den BMI eines Kindes mit einer Referenzpopulation gleichen Alters und Geschlechts vergleichen.
Was sind Perzentile?
Perzentile sind statistische Werte, die zeigen, wie der BMI eines Kindes im Vergleich zu anderen Kindern derselben Alters- und Geschlechtsgruppe steht:
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85. Perzentil: Liegt ein Kind mit seinem BMI über dem 85. Perzentil, ist es übergewichtig.
97. Perzentil: Übersteigt der BMI das 97. Perzentil, liegt eine Adipositas Grad 1 vor.
99,5. Perzentil: Werte über dem 99,5. Perzentil weisen auf eine schwere Adipositas hin.
Die Verwendung von Perzentilen berücksichtigt, dass Kinder sich in verschiedenen Altersstufen unterschiedlich entwickeln. Während in einem Alter ein BMI von 20 noch als normal gilt, könnte derselbe Wert in einem anderen Alter auf Übergewicht hindeuten. Mit Perzentilen wird also die individuelle Wachstumsphase berücksichtigt, um eine faire und genaue Beurteilung zu gewährleisten.
Obwohl der BMI ein nützliches Werkzeug zur allgemeinen Bewertung des Gewichtsstatus ist, reicht er allein nicht aus, um die Notwendigkeit einer medizinischen Behandlung zu bestimmen. Individuelle Faktoren wie Alter, Geschlecht, Muskelmasse und allgemeiner Gesundheitszustand spielen ebenfalls eine Rolle.
Obwohl nicht jedes Zuviel an Körpergewicht sofort medizinisch behandelt werden muss, gibt es bestimmte Umstände und Risikofaktoren, die eine frühzeitige medizinische Intervention erforderlich machen. Die Entscheidung, wann Übergewicht medizinisch behandelt werden sollte, hängt von einer Reihe von Faktoren ab, einschließlich, aber nicht beschränkt auf:
Vorhandensein von Begleiterkrankungen
Übergewicht erhöht das Risiko für verschiedene Gesundheitsprobleme, darunter Typ-2-Diabetes, Bluthochdruck, Herzkrankheiten, bestimmte Krebsarten, Schlafapnoe und Gelenkprobleme. Wenn eine Person mit Übergewicht bereits Anzeichen dieser oder anderer mit Übergewicht verbundener Gesundheitsprobleme zeigt, ist eine medizinische Behandlung dringend erforderlich.
Metabolisches Syndrom
Das metabolische Syndrom ist eine Gruppe von Bedingungen, die das Risiko für Herzkrankheiten, Schlaganfall und Typ-2-Diabetes erhöhen. Dazu gehören erhöhte Blutzuckerwerte, hohe Blutdruckwerte, abnormal hohe Triglyceridwerte, niedrige HDL-Cholesterinwerte und ein hoher Taillenumfang. Personen mit Übergewicht und metabolischem Syndrom sollten medizinisch behandelt werden.
Bauchfett
Psychologische Faktoren
Übergewicht und Adipositas können auch psychologische Auswirkungen haben, einschließlich eines niedrigen Selbstwertgefühls, Depressionen und Essstörungen. Personen, die unter diesen Bedingungen leiden, können von einer medizinischen Behandlung profitieren, die eine psychologische Unterstützung umfasst.
Methoden zur Behandlung von Übergewicht und Adipositas
Das MMK (multimodale Konzept) ist zwar für Menschen mit einem BMI > 40 kg/m² konzipiert, kann aber natürlich auch bei einem BMI unter 40 zum Einsatz kommen. Es sollte durchgehend über einen Zeitraum von mindestens 6-12 Monaten unter ärztlicher Überwachung durchgeführt werden. Je nach Ausgangsgewicht wird eine Gewichtsabnahme von 5 bis 10 % innerhalb von 6 bis 12 Monaten empfohlen.

Verhaltensänderungen:
Techniken zur Verhaltensänderung, einschließlich Selbstüberwachung, Zielsetzung und Stressmanagement, können dabei helfen, Essgewohnheiten zu verbessern und eine langfristige Gewichtskontrolle zu unterstützen.
Bewegung:
Regelmäßige Bewegung, wie Gehen, Schwimmen oder Radfahren, kann helfen, Kalorien zu verbrennen und die allgemeine Gesundheit zu verbessern. Das Ziel sollte sein, mindestens 150 Minuten mäßig intensiver Aktivität pro Woche zu erreichen.
Ernährung:
Professionelle Ernährungsberatung kann hilfreich sein, um individuell angepasste Ernährungspläne zu entwickeln. Um dauerhaft Gewicht abzunehmen, sollte die Ernährung gesund und ausgewogen sein. Die Kalorienzufuhr sollte in Balance mit dem Kalorienverbrauch sein, um Abzunehmen, muss idealerweise ein “Kaloriendefizit” entstehen (weniger Zufuhr als Verbrauch). Dafür ist es hilfreich, den eigenen Grundumsatz zu kennen. Der Grundumsatz ist die Menge an Energie, die der Körper täglich benötigt, um alle Überlebensfunktionen wie beispielsweise Körpertemperaturregelung, Atmung, Arbeit der Organe und Verdauung problemlos durchzuführen und aufrechtzuerhalten.
Berechnung des Grundumsatzes:
Mit dieser einfachen Formel kannst Du Deinen Grundumsatz selbstständig berechnen.
- für Männer: Grundumsatz = [Körpergewicht in kg] * 24 * 1,0
- für Frauen: Grundumsatz = [Körpergewicht in kg] * 24 * 0,9
Durch den Multiplikator 0,9 bei Frauen wird der berechnete Wert um 10 Prozent gemindert. Die Angabe 24 wird verwendet, da der Tag 24 Stunden hat.
Wichtig zu beachten: Diese Rechnung ist ein Richtwert, Faktoren wie Körperfettanteil und Muskelmasse beeinflusst den Grundumsatz, aber werden in der Formel nicht berücksichtigt.
Medikamentöse Behandlung:
Insbesondere wenn Lebensstiländerungen allein nicht ausreichen und ein signifikantes gesundheitliches Risiko besteht, können Medikamente zur Gewichtsreduktion geeignet sein. Die innovativen GLP-1 Medikamente gegen Übergewicht, wie Wegovy, wirken, indem sie das Hungergefühl reduzieren, die Sättigung erhöhen und auf unser Suchtzentrum im Gehirn einwirken.
Es ist wichtig zu beachten, dass diese Medikamente nur in Verbindung mit Lebensstiländerungen eingesetzt werden sollten und unter ärztlicher Aufsicht stehen müssen.Wenn Du unter starkem Übergewicht leidest, kann der Service von SoLean zum Abnehmen Dich unterstützen. Beginne mit der digitalen Anamnese, die durch einen qualifizierten Arzt oder eine Ärztin durchgeführt wird.
Chirurgische Therapie:
Bei schwerer Adipositas (BMI > 40 oder > 35 mit begleitenden Erkrankungen) kann eine chirurgische Behandlung in Betracht gezogen werden. Zu den gängigen Verfahren gehören:
Magenband: Ein verstellbares Band wird um den oberen Teil des Magens gelegt, um die Nahrungsaufnahme zu begrenzen.
Schlauchmagen: Ein Teil des Magens wird entfernt, um seine Größe zu verringern und die Nahrungsaufnahme zu reduzieren.
Magenbypass: Der Magen wird verkleinert und der Dünndarm umgeleitet, was zu einer verminderten Nahrungsaufnahme und -absorption führt.
Diese Eingriffe können zu einer signifikanten und langfristigen Gewichtsreduktion führen, erfordern jedoch eine lebenslange Verpflichtung zu gesunden Essgewohnheiten und regelmäßiger körperlicher Aktivität.
Welche Behandlung bei Übergewicht zahlt die Krankenkasse?
Die Behandlung von Adipositas ist derzeit noch keine Grundleistung der gesetzlichen und privaten Krankenkassen in Deutschland. Die Therapie wird jedoch bezahlt, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind.
- Bei einem BMI von > 35 kg/m² kann eine OP durchgeführt werden, wenn Begleiterkrankungen wie zum Beispiel Diabetes mellitus oder Bluthochdruck auftreten, die durch eine drastische Gewichtsreduktion gebessert oder beseitigt werden können.
- Bei einem BMI von > 40 kg/m² kann eine OP auch ohne Begleiterkrankungen durchgeführt werden. Entscheidend ist, dass der Patient oder die Patientin nachweisen muss, dass er oder sie in den letzten zwei Jahren eine konservative MMK-Therapie (s.o.) – leider erfolglos – absolviert hat.
- Die Kosten für eine Adipositas-Behandlung mit Medikamenten wie Wegovy, Ozempic oder Saxenda können in einigen Fällen von Krankenversicherungen ebenfalls übernommen werden, insbesondere wenn bestimmte medizinische Kriterien erfüllt sind (z.B. ein bestimmter BMI oder das Vorliegen von Begleiterkrankungen). Es ist ratsam, sich direkt an die Krankenversicherung oder den behandelnden Arzt zu wenden, um genaue Informationen über die Kostenübernahme und mögliche Zuzahlungen zu erhalten.
Prävention von Adipositas bei Kindern: Ein frühzeitiger Ansatz für eine gesunde Zukunft
Adipositas bei Kindern ist ein wachsendes Problem, das nicht nur die körperliche, sondern auch die psychische Gesundheit der jungen Generation gefährdet. Eine frühzeitige Prävention, um der Entstehung von Übergewicht vorzubeugen, ist entscheidend, um die Weichen für eine gesunde Zukunft zu stellen. Hier sind die wichtigsten Ansätze, um Fettleibigkeit bei Kindern vorzubeugen:
1. Gesunde Ernährung von Anfang an
Eine ausgewogene Ernährung, die reich an Obst, Gemüse, Vollkornprodukten und mageren Proteinen ist, bildet die Basis für eine gesunde Entwicklung. Zu vermeiden sind stark verarbeitete Lebensmittel mit hohem Zucker- und Fettgehalt. Eltern sollten dabei als Vorbilder agieren und gemeinsam mit ihren Kindern gesunde Essgewohnheiten etablieren. Tipps wie ein regelmäßiges Frühstück, das die Konzentration fördert, und die Begrenzung von zuckerhaltigen Getränken können den Unterschied machen.
2. Bewegung als fester Bestandteil des Alltags
Kinder benötigen mindestens 60 Minuten körperliche Aktivität pro Tag. Dies kann durch Sport, Spielen im Freien oder gemeinschaftliche Aktivitäten wie Radfahren oder Schwimmen erreicht werden. Bewegung stärkt nicht nur das Herz-Kreislauf-System, sondern baut auch Stress ab und fördert ein gesundes Körpergewicht.
3. Bildschirmzeit begrenzen
Zu viel Zeit vor Bildschirmen ist ein Risikofaktor für Adipositas, da sie oft mit Bewegungsmangel und dem Konsum ungesunder Snacks einhergeht. Experten empfehlen, die Bildschirmzeit auf maximal zwei Stunden pro Tag zu begrenzen und Aktivitäten wie Lesen, Malen oder Outdoor-Spiele zu fördern.
4. Psychosoziale Unterstützung
Emotionale Probleme und Stress können zu emotionalem Essen führen – auch bei Kindern. Eltern sollten ein offenes Ohr für die Sorgen ihrer Kinder haben und bei Bedarf professionelle Unterstützung suchen. Ein gesundes Selbstwertgefühl und positive soziale Interaktionen tragen entscheidend dazu bei, dass Kinder gesunde Lebensweisen beibehalten.
5. Gesundheitserziehung in der Schule
Schulen spielen eine wichtige Rolle bei der Prävention von Adipositas im Kindes- und Jugendalter. Programme, die gesundes Essen und regelmäßige Bewegung fördern, sowie Aufklärung über die Risiken von Übergewicht, sind essenziell. Auch gemeinsame Projekte wie Schulgärten oder Bewegungspausen im Unterricht können eine nachhaltige Wirkung haben.
6. Frühzeitige Intervention bei Übergewicht
Wenn Kinder bereits erste Anzeichen von Fettansammlung zeigen, ist eine frühzeitige Intervention wichtig. Gespräche mit Kinderärzt*innen, Ernährungsberatenden oder Psycholog*innen können helfen, das Problem zu erkennen und geeignete Maßnahmen zu ergreifen. Dabei sollte der Fokus stets auf der Gesundheit und nicht ausschließlich auf dem Gewicht liegen, um Druck und Schamgefühle zu vermeiden.
Fazit zur Behandlung von Übergewicht und Adipositas
Übergewicht und Adipositas sind ernsthafte Gesundheitsprobleme, die ein umfassendes Verständnis und proaktive Maßnahmen erfordern. Seit den 1970er Jahren hat sich das Auftreten von Adipositas weltweit fast verdreifacht. Auch in Deutschland ist die Prävalenz von Adipositas in den letzten Jahren deutlich gestiegen, und die Erkrankung wird zunehmend als chronische Störung anerkannt. Die Deutsche Adipositas-Gesellschaft (DAG) und andere Fachorganisationen betonen die Notwendigkeit von Prävention und Therapie, um Betroffene dabei zu unterstützen, ein gesünderes Leben zu führen und ihre Lebensqualität zu verbessern.
Besonders bei Kindern und Jugendlichen ist eine frühzeitige Prävention entscheidend, um gesundheitliche Langzeitfolgen zu vermeiden und die psychosozialen Auswirkungen wie Stigmatisierung zu reduzieren. Dabei spielt die Zusammenarbeit mit medizinischen Experten und Institutionen wie der Deutschen Gesellschaft für Ernährung eine zentrale Rolle.
Ein ganzheitlicher Behandlungsansatz, der medizinische, psychologische und soziale Aspekte integriert, kann helfen, das Risiko für mit Adipositas verbundene Gesundheitsprobleme zu minimieren und nachhaltige Erfolge zu erzielen. Soziale und psychische Folgen der Adipositas sind oft geringere Chancen auf dem Arbeitsmarkt, Frühinvalidität und soziale Stigmatisierung. Indem Adipositas als gesellschaftliches und medizinisches Problem anerkannt wird, kann auch die öffentliche Wahrnehmung positiv verändert und die Grundlage für langfristige Lösungen geschaffen werden.
Quellen: